Heute präsentiere ich Euch einen Gastbeitrag von Julian Jünemann. Julian ist 26 Jahre alt. In Deutschland hat er bei verschiedenen Internet Startups mitgewirkt und sich 2012 entschieden, Passion und Hobby zu verbinden. Seither reist und arbeitet er in verschiedenen Ländern. Derzeit ist er in Hanoi, Vietnam. Über das Leben als digitaler Nomade schreibt er in seinem Blog diginomade.de – und heute bei mir. Viel Spaß!
Seit gut fünf Monaten lebe, reise und arbeite ich ortsunabhängig in Vietnam. In diesem Land sind nicht nur die Arbeitsbedingungen für digitale Nomaden perfekt (schnelles Internet, überall Cafés und niedrige Lebensunterhaltskosten), sondern das Umfeld. Denn neuerdings ist Ho Chi Minh City (Saigon) auch zu einer Hochburg von digitalen Nomaden geworden. In diesem Artikel möchte ich euch einen Einblick in die digitale Community geben.
Julian Jünemann von diginomade.de
Connection
Als ich mich Anfang 2012 damit beschäftigte ein digitaler Nomade zu werden, stieß ich schnell auf den Lifestyle Business Podcast – ein Podcast von Dan und Ian, die erfolgreich ortsunabhängig ein Unternehmen aufgebaut haben und ihre Weisheiten in diesem Podcast kundtun. Außerdem sind sie Betreiber des Dynamite Circle (DC), einem privaten und kostenpflichtigen Forum für Unternehmer. Nach kurzem Hin und Her beschloss ich, mich anzumelden. Die Investition lohnte sich: Nicht nur konnte ich mich mit anderen Unternehmern virtuell zu Projekten austauschen, sondern hatte innerhalb kürzester Zeit Kontakte zu Personen, die bereits in Südostasien lebten und arbeiteten. Insgesamt waren die knapp 500 Mitglieder eine große Inspiration, meine Träume zu verwirklichen und Anfang 2013 Deutschland zu verlassen, um nach Ho Chi Minh City, Vietnam, zu fliegen.
Digitale Nomaden im Café: Vincent, James, Charles und Jodi (von links nach rechts)
Einen Tag nachdem ich in Ho Chi Minh City gelandet war, gab es eines von vielen DC-Meetups. Ich lernte sogleich ca. zehn Mitglieder des Forums von Angesicht zu Angesicht kennen. In den kommenden Tagen halfen sie mir dabei, mich einzuleben. Schwere Aufgaben, wie eine Wohnung zu finden oder die besten Cafés ausfindig zu machen, waren jetzt kein Problem mehr. Ich konnte sofort in den Produktionsmodus übergehen und anfangen zu arbeiten.
Arbeiten
Als selbständiger Unternehmer kann es manchmal etwas einsam sein, weil man eben nicht im Büro mit Arbeitskollegen sitzt. Stattdessen sind die Cafés dieser Welt unsere Büros.
In Ho Chi Minh City gab es viele davon, und oft als ich “zur Arbeit” ging, traf ich einige meiner neuen “Kollegen”. Wir arbeiteten zusammen, tauschten uns aus und tranken natürlich den ein oder anderen Kaffee zusammen. Dabei kam es oft zu interessanten Gesprächen, was nicht zuletzt daran lag, dass die digitalen Nomaden aus verschiedensten Feldern kommen. Über professionelle Blogger, App-Developer oder SEO-Berater fand ich stets ein inspirierendes Umfeld an Unternehmern um mich herum.
Der Klassiker unter den Nomaden: Das Macbook Air
Wer jetzt denkt, dass digitale Nomaden nur ein paar Leute sind, die in Cafés hocken und etwas im Internet arbeiten, liegt komplett daneben. Jeder Einzelne ist ein getriebener Unternehmer und möchte Ziele erreichen. Wöchentlich fand daher ein selbstorganisiertes Mastermind Meeting statt. Ein Mastermind ist wie eine Art Selbsthilfegruppe für Unternehmer, die sicher stellt, dass jeder seine selbstgesteckten Ziele erreicht. So kam es wöchentlich zum Relitätscheck, ob ich mich noch auf dem richtigen Weg befand.
Freundschaften
Reisen hat es an sich, dass man nur sehr lose Kontakte knüpft, da man nach einer kurzen Zeit weiter reist. Es bleibt oft keine Zeit, langfristige Beziehungen aufzubauen. Als digitaler Nomade gehört man aber oft nicht zu den einfachen Touristen, die nur zwei Tage in einer Stadt verbringen. Besser versteht man sich oft mit den Expats, die für eine längere Zeit im Land bleiben. Da diese aber einen stinknormalen Job (meist Englisch-Lehrer) ausüben, ist für sie der Lebensstil eines digitalen Nomaden zum Teil auch oft fremd.
Wirklich verstanden fühlte ich mich in der Community. Durch die anderen digitalen Nomaden fand ich selber sehr schnell Anschluss und Freunde. Außerhalb der Arbeit wurde diese Zusammengehörigkeit durch gemeinsame Aktivitäten weiter gefördert. So gingen wir oft Paintball oder Laser-Tag spielen, feierten und genossen einige Phos (vietnamesische Nudelsuppe) zusammen. Einmal haben wir uns sogar ein kleines Kino gemietet, um eine Dokumentation (natürlich über Startups) anzuschauen.
Reisen
In der digitalen Nomaden Community ist Reisen Teil des Lebens. Da unter digitalen Nomaden aber eher auf langsames Reisen gesetzt wird, blieben die meisten für einen Monat oder länger. Trotzdem herrschte ein langsam aber stetiges Kommen und Gehen. So lernte man immer mal wieder neue Community-Mitglieder kennen und konnte von deren Erfahrungen profitieren.
Manche DCler machten Saigon sogar zu ihrer Basis und blieben länger als zwölf Monate. Trotzdem kam das Reisen dabei nicht zu kurz, weil Strandorte wie Mui Né oder in das nahe gelegene Mekong Delta immer für einen Wochenend-Abstecher gut waren. Alleine Reisen brauchte man nicht unbedingt, da sich immer jemand fand der mitkommen wollte.
Typisch Vietnam: Motoroller ohne Ende
Auch mich zog es nach drei Monaten in Ho Chi Minh City weiter nach Hanoi, wo ich jetzt gerade lebe. Wenn auch kleiner, gibt es hier auch eine Community an digitalen Nomaden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das digitale Nomadentum sich schon längst nicht mehr nur digital abspielt. Die Community wächst täglich und immer mehr Menschen gehen den Schritt in ein ortsunabhängiges Leben. Das macht es für Neulinge einfacher denn je, Reisen und digitales Arbeiten zu verbinden.
Julian schreibt über digitales Nomadentum unter diginomade.de.
Vietmam hätte ich jetzt nicht als ein Land angesehen, dass es möglich macht, als digitaler Nomade zu leben. Bin also durch den Gastbeitrag um eine Erfahrung reicher geworden. Vielen Dank dafür. Im Grunde hängt es davon ab, dass man sich ein Herz fasst, eine Entscheidung trifft und das Abenteuer wagt. Der Blog von Julian sieht auch interessant aus. Werde ich mir mal etwas genauer ansehen.
ja, Ho Chi Minh City kommt gerade richtig. Besonders wegen der Café-Kultur… an jeder Ecke findet man einen „Arbeitsplatz“. Außerdem gibt es eine lebendige Startup-Kultur mit Treffen und Co-Working Spaces.
Werde im August nach Chang Mai, Thailand gehen. Das wurde mir bisher immer als die Hochburg beschrieben. Mal sehen was der Hype hergibt.
Sehr interessanter Beitrag. Ich bin bisher eigentlich nur keinen „virtuellen“ Kollegen über den Weg gelaufen. Hätte aber auch gar nicht daran gedacht, das zu forcieren. Ich genieße es sehr überall wo es Internet-Anschluss gibt arbeiten zu können. Umgekehrt bin ich auch gerne in meiner „Homebase“. Die gewohnte Umgebung ist auch manchmal ganz praktisch. :-)
Geht mir genauso. Bis auf einen Software-Entwickler habe ich unterwegs auch noch niemanden getroffen. Wenn ich aber mal länger in einem Ort bleibe, werde ich mich demnächst mal darum bemühen. Ich kann mir schon gut vorstellen, dass man sich gegenseitig mit Ideen inspirieren kann.
Ach… da fällt mir ein: Doch! Ich habe mir mit einem lieben Freund, den ich in Vietnam kennen lernte, mein „Café Office“ geteilt. Wir haben uns mehrere Wochen lang intensiv um unsere Blogprojekte gekümmert. ;-)
Habe auch schon mal überlegt unterwegs ein Open Office zu nützen. Muss ja auch ganz witzig sein. :-)