Viele angehende Langzeitreisende sorgen sich davor, allein zu reisen. Und wenn sie selbst diese Angst nicht haben, dann wird sie ihnen mit Sicherheit von Freunden und Familie eingeredet.
Ich habe dieses Thema hier bislang kaum behandelt, da es für mich das Normalste der Welt ist, allein zu reisen. Damit bin ich jedoch in der Minderheit. Heute soll es zunächst darum gehen, wie Du unterwegs andere Menschen kennenlernen kannst – vor allem andere Reisende.
Ich finde „allein sein“ und „allein reisen“ sehr spannende Themen. Daher wird es in nächster Zeit noch mehr dazu geben und ich werde einmal aus meiner Sicht erklären, weshalb allein zu sein viele gute Seiten hat.
Warum mein Rat etwas zählt
Ich bin überhaupt kein Experte darin, andere Menschen kennenzulernen. Im Gegenteil: Ich bin introvertiert und das bringt u.a. zwei Dinge mit sich: Ich verbringe gern Zeit allein und es fällt mir schwerer, Kontakt zu anderen Menschen herzustellen.
Wenn ich Dir also erzähle, dass Du unterwegs ohne größere Probleme andere Menschen kennenlernen wirst, kannst Du das beruhigt glauben. Die Wahrscheinlichkeit ist sogar groß, dass es Dir besser gelingen wird als mir.
So lernst Du andere Reisende kennen
1. Erkenne, dass jeder reden will
Die Wahrheit ist: Beim Reisen ist (fast) jeder aufgeschlossen und bereit, andere Menschen kennenzulernen. Ich habe es bisher nur sehr selten erlebt, dass jemand keine Lust auf ein Gespräch hatte. Vor allem Alleinreisende sind dankbar, andere Reisende kennenzulernen. Aber auch viele Pärchen wollen gern mal aus ihrer Zweisamkeit ausbrechen. Mit dieser Erkenntnis sollten Deine Hemmungen bereits deutlich sinken.
2. Verpasse nicht den richtigen Moment
Wenn Du auf neue Leute triffst und Kontakt suchst, solltest Du sie sofort ansprechen. Wenn Du Dein Zimmer im Hostel beziehst, stelle Dich gleich Deinen Mitbewohnern vor. Wenn Du an einer Tour teilnimmst, such Dir sofort 1-2 Leute heraus, die Du sympathisch findest. Je länger Du wartest, desto schwieriger wird es, den ersten Schritt zu machen. Irgendwann ist’s einfach zu spät.
3. Arbeite an Deinem Englisch
Wenn Du in der Welt unterwegs bist, wirst Du Reisende aus aller Welt treffen. Der kleinste gemeinsame Nenner ist immer die englische Sprache. Wenn Du diese gar nicht beherrscht, wird es schwierig, Kontakt zu anderen Reisenden herzustellen. Doch auch wenn es am Anfang noch holpert, schäme Dich nicht. Vielen anderen geht es ähnlich.
Natürlich triffst Du unterwegs auch viele Deutsche, vor allem in Australien und Neuseeland vergeht kein Tag ohne Kontakt zu Deutschen. Doch das wird auf Dauer langweilig.
4. Setze ein freundliches Gesicht auf
Du musst nicht die ganze Arbeit selbst machen. Natürlich sprechen Dich andere Reisende auch an. Die Wahrscheinlichkeit steigt deutlich, wenn Du eine freundliche Miene aufsetzt und aufgeschlossen wirkst. Wir Introvertierten müssen uns dazu schon mal zwingen und ganz bewusst lächeln. Aber es hilft!
5. Übernachte in Hostel-Dorms
Ich schlafe nur in Hostels, wenn mir andere Unterkünfte zu teuer sind. Doch wann immer ich in Schlafsälen unterkomme, steigt die Wahrscheinlichkeit deutlich, dass sich längere Gespräche entwickeln. Wähle am besten kleine Schlafsäle, denn die sind weniger anonym.
6. Halte Dich in der Lobby auf
In Hostels und Gästehäusern solltest Du Gemeinschaftsräume aufsuchen. Wenn einige Leute in der Lobby abhängen oder in der Küche kochen, sind das die Orte, an denen Du auch sein solltest. In Deinem Einzelzimmer wird Dir niemand begegnen.
7. Nimm an Touren und Kursen teil
Das ist aus meiner Sicht die allerbeste Möglichkeit, andere Reisende kennenzulernen. Wenn alles andere nicht klappt, buche eine Tour oder einen Kurs. Am besten sind kleine Gruppen von 4-6 Teilnehmern. Der große Vorteil ist, dass Euch alle etwas verbindet: Das Interesse an der Tour, dem Kochkurs oder was auch immer. Achte jedoch darauf, dass die Gruppen nicht zu groß sind und dass die Zielgruppe der Tour zu Dir passt.
Kleine Touren sind übrigens auch eine gute Möglichkeit, „Locals“ kennenzulernen. Die Touren werden in aller Regel von Einheimischen durchgeführt und auch wenn deren Leben bereits sehr vom Tourismus geprägt sein mag, haben sie trotzdem Freunde und Familie, die ein ganz normales Leben führen.
8. Nutze öffentliche Verkehrsmittel
In den meisten Backpacker-Ländern gibt es ein wirklich gutes Busnetz. In Südostasien oder Südamerika ist das die meist genutzte Art der Fortbewegung. Natürlich triffst Du auf diesen Fahrten auch andere Reisende, die direkt neben, vor oder hinter Dir sitzen. Lass Dir diese Gelegenheit zur Kontaktaufnahme nicht entgehen.
9. Nutze AiBnB, Couchsurfing & Co.
Anstatt in ein Hotel oder Hostel kannst Du Dich vor allem in Großstädten ganz bequem in Privatwohnungen einmieten. Mit Couchsurfing.org findest Du kostenlose Schlafgelegenheiten. Bei AirBnB zahlst Du dafür, erhältst dann aber auch sicher ein eigenes Zimmer mit mehr Privatsphäre.
In beiden Fällen lernst Du „Locals“ kennen, die Dir viel über Land und Leute erzählen können. Die Atmosphäre ist wesentlich persönlicher als in einem Hotel. Viele der Gastgeber sind selbst bereits viel gereist und holen sich über Couchsurfing oder AirBnB nun die Welt nach Hause.
Was wird aus Reisebekanntschaften?
Dass aus einer Reisebekanntschaft eine Freundschaft wird, ist eher die Ausnahme als die Regel. Ich weiß von anderen Reisenden, dass es funktionieren kann, doch bei mir bisher nicht.
Auf meiner kleinen Weltreise habe ich viele interessante Menschen kennengelernt, doch nur zu sehr wenigen habe ich einen losen Kontakt gehalten. Das liegt allerdings auch an mir, da ich – bis auf wenige Ausnahmen – lange brauche, um mich Menschen verbunden zu fühlen und bis dahin keine Lust verspüre, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Dafür trifft man auf einer langen Reise zu viele Menschen für zu kurze Zeit.
Fazit: Du musst nicht allein sein
Mittlerweile sollte Dir aber klar sein, dass Du unterwegs zwar allein sein kannst, doch keineswegs allein sein musst. Auf Reisen wirst Du mehr Leute kennenlernen, als wenn Du zuhause in Deinem gewohnten Umfeld lebst. Die neuen Erlebnisse und die Entfernung zur Heimat verbinden Dich ganz von selbst mit anderen Reisenden. Ob sich daraus lang anhaltende Freundschaften entwickeln, ist eine andere Frage, die jedoch bei Deiner Entscheidung für oder gegen eine lange Reise nicht entscheidend sein sollte.
Falls Du schon viel gereist bist: Hast Du noch andere Tipps, Reisende oder Locals kennenzulernen?
Wenn du andere Leute ansprichst, muss das nicht wahnsinnig originell sein. Aber bitte, bitte frag nicht als erstes woher jemand kommt. Leuten, wie beispielsweise mir, die (über mehrere Reisen verteilt) schon Jahre lang rumgebackpackt sind, hören diese Frage gefühlte hundert Mal pro Tag und nicht wenige (auch ich) reagieren eher ablehnend. Frag lieber nach einem konkreten Tipp: „Warst du schon im Stadtteil xxx? Wie komm ich dort am besten hin…“
Ich finde schon, dass sich aus Reisebekanntschaften Freundschaften fürs Leben entwickeln können. Gerade wenn du länger unterwegs bist, wirst du hin und wieder mit Leuten ein paar Wochen lang zusammenreisen. Wenn ihr euch gut versteht, ist die Chance hoch, dass ihr euch irgendwo wieder seht.
Gerade Facebook ist eine super Möglichkeit, um Kontakt mit anderen Reisenden zu halten. Du siehst jeweils, wo sie gerade sind und wenn es sich einrichten lässt, könnt ich euch wieder treffen. So einfach geht das…
Schöner Beitrag! Freue mich sehr darüber, dass sich jetzt auch Männer mit diesem Thema beschäftigen! Hatte mir bis vor kurzem keine Gedanken darüber gemacht, dass Männer auch gewisse Bedenken vor bzw. bei einer Alleinreise haben. Bin schon gespannt auf weitere männliche Einblicke :) Lg Ute
Ja, doch. Nicht so sehr davor, dass ihnen allein etwas passieren könnte, sondern davor, dass sie allein nichts mit sich anzufangen wissen :)
Und denke nicht, daß alle so wie die Leute aus Norddeutschland sind: Wenn Du sie grüßt, wechseln sie die Straßenseite, weil sie Dich ja gar nicht kennen… Schon im Rhein-Main-Gebiet darf man auch mit dem Nachbarn in der Kassenschlange ein paar beiläufige Worte wechseln ;). Notfalls hilft das Wetter-Thema, durch das man in 2 Sätzen die Bereitschaft abklopft, ob der andere überhaupt gesprächsbereit ist, und durch das der Einstieg zum nächsten Thema sicher gelingt. Meide Leute, die ein Gespräch mit einer Beschwerde beginnen, egal ob Wetter oder berechtigte Kritikpunkte, sondern such Dir selbst aus, mit wem Du es zu tun haben willst (danke Patrick!).
Hey Patrick,
das sind sehr gute Tipps die du hier gibst. Ich bin ja jetzt alleine nach Mauritius gereisd und ich lerne immer mehr Leute kennen und ich muss gestehen du hast wirklich recht mit deinen Tipps. :-)
sehr guter Artikel wo alles gesagt ist :) Bin dieses Jahr auch für die erste Mal alleine gereist in Asien, New York und Lissabon, würde ich jederzeit wieder machen da man so viele netten Leute trifft! Im Hostel, Koch Kursen, Ausflüge, aber auch durch Foren von Reise-Blogs :) da kann man auch Kontakt aufnehmen. Und auf jeden Fall, guten English ist erforderlich sonst ist es schnell anstrengend !
Sofort ansprechen ist super wichtig. Das „wo kommst du her“ und „wo warst du schon“ ist am Anfang noch spannend, aber nervt irgndwann, wie mein vorschreiber schon meinte. Du hast bestimmt irgendwelche Fragen die dir auf dem Weg dahin in den Kopf gekommen sind. Unbekannte Schilder oder Bräuche, das ist ein super Einstiegsthema und immer gut für einen Lacher.
Hallo Patrick, tolle Ratschläge! :) Ich habe mich auch schon des öfteren gezwungenermaßen mit dem Thema „alleine reisen“ auseinander gesetzt.
Ich würde gerne deine Liste noch um http://www.globologo.com ergänzen. Da kann man auch prima andere Reisende und Locals kennen lernen ohne dafür gleich bei ihnen übernachten zu müssen. Man sieht quasi schon vor seiner Reise wer zur selben Zeit am selben Ort sein wird oder wer demnächst an deinen Heimatort reist. Habs erst vor kurzem entdeckt und aber finde es ziemlich cool. Vielleicht kann der ein oder andere von euch ja was damit anfangen :)
Lieber Grüße
Hallo Silke,
danke für den Tipp! Für manchen Reisenden sicherlich nützlich :)
Viele Grüße,
Patrick
Hey der Post ist ja schon ein Jahr alt, aber ich kann auch etwas dazu beitragen.
Ich befinde mich derzeit in Neuseeland, in Wellington um genau zu sein, und arbeite seit fast 6 Monaten in einem Buro. Davor bin ich 3 Monate gereist. Beim Reisen selbst war es nie ein Problem, Leute kennenzulernen, ich bin eigentlich ein sehr offener Mensch, aber ich versage, wenn sich Leute schon langer kennen. Im November 2014 kam ich nach Wellington. Die erste Woche war super, ich war standig
(alleine) auf Erkundung und habe das sehr genossen. Die zweite Woche mit der Arbeitssuche begonnen