Kowloon ist wie ein endloses Chinatown, aber anders als in New York, San Francisco, Singapur oder sonst einem Chinatown auf der Welt, liegt Kowloon tatsächlich in China, wenn auch im sehr modernen Hong Kong. Kowloon ist jedenfalls ein Stück China, das ich sehr mag.
In Kowloon „wohne“ ich auch für die 10 Tage, die ich in Hong Kong bin. Über AirBnB habe ich mich bei Robert eingemietet (wie bequem, dass es ein englischer Name ist, er ist aber Chinese). Robert vermietet ein Gästezimmer in seiner kleinen Wohnung. In Hong Kong ist Wohnraum knapp und das merkt man auch in Kowloon. Alles wird in die Höhe gebaut und selbst dann ist es noch eher eng. Mein Zimmer ist vielleicht 8 qm groß und damit bestimmt 2 qm größer als Robert’s eigenes Zimmer. Auch Küche, Bad und Wohnzimmer sind jeweils nur wenige Quadratmeter groß, doch es ist sehr gemütlich. Das beste ist ein toller Ausblick aus dem 14. Stock auf Kowloon. Die Wand neben dem Bett besteht nur aus Fenster und so blicke ich beim Aufwachen und beim Einschlafen auf Kowloon herunter.
Robert’s Wohnung liegt in einem Wohnkomplex, der aus 10 Hochhäusern mit jeweils 48 Etagen steht. Die unteren Etagen sind Lobby und Garagen und ein kleines Shopping Center. Bleibt aber immer noch Platz für ca. 3.500 Wohnungen auf nur wenig Grundfläche. Um in die Wohnungen zu kommen, muss man an drei Concierges vorbei und mit dem Fahrstuhl auf das sogenannte „Podium“ fahren. Das Podium ist eine kleine Welt für sich. Man hört kaum noch den Straßenlärm, der Wind bläst einem so um die Nase, als wäre man schon hunderte von Metern über der Straße und alles ist gut gepflegt und ruhig. Jedes mal wenn ich das Podium betrete, geht mein Blick sofort nach oben, weil alles so hoch ist. Es gibt dort auch ein paar Bäume und etwas Wasser. Allerdings kann ich mit dem Wasser nicht spielen, denn überall warnen Schilder: „Don’t play with the water“. Als guter Hong Konger macht man was die Schilder sagen.
Unten im Shopping Center ist übrigens auch ein Frisör, den ich schon ausprobiert habe. Meine Sorgen vor Verständnisproblemen waren unbegründet. Man hat mir einfach ein Buch mit Frisuren in die Hand gedrückt. Ist gut geworden. So wie immer halt :)
Kowloon Markets
Die ersten beiden Tage habe ich mich nur in Kowloon aufgehalten. Auch wenn es zu großen Teilen aus Wohngebieten besteht, gibt’s hier trotzdem einiges zu sehen. Zunächst habe ich einige Märkte besucht: Flower Market, Gold Fish Market und Bird Market. Eigentlich sind das keine Märkte, sondern Straßen mit etlichen Shops zu einem Thema. Zum Beispiel gibt’s Fische, Schildkröten, Aquarien, Köder, Angelzubehör und mehr auf dem Gold Fish Market. So richtig tierfreundlich schien mir das alles nicht zu sein, aber was weiß ich schon.
Nan Lian Garden & Chi Lin Nunnery
Später ging es für mich weiter zum Nan Lian Garden, eine Oase mitten in der Großstadt. Man hört war immer noch den Straßenlärm, aber irgendwann habe ich ihn ausgeblendet. Die Bäume, das Wasser und kleine Tempelanlagen und Ausstellungen wirkten beruhigend. Nebenan steht die Chi Lin Nunnery, auch eine Art Tempel mit gutem Ausblick auf Kowloon.
Walled City
Die Walled City ist ein kleiner Park, der an sich nicht weiter spektakulär wirkt. Was ihn dennoch interessant macht, ist seine Geschichte. Bis vor 20 Jahren haben in diesem kleinen Park ca. 40.000 Menschen gewohnt. Natürlich nicht im Park, sondern in den Hochhaus-Slums, die hier bis Anfang der 90er Jahre standen. Die Walled City war mal das ursprüngliche Kowloon, eine kleine Festung zur Verteidigung Hong Kongs. Allerdings gab es später Uneinigkeit darüber, ob nun die Briten oder die Chinesen zuständig für die Walled City waren. Die Briten haben sich herausgehalten und die Chinesen konnten de facto nichts machen, da die Walled City ja von britischem Gebiet umgeben war. Et Voila: Schon hast Du eine gesetzlose Ministadt, in der Anarchie herrscht. Faszinierend, dass es das bis vor 20 Jahren noch gab.
Hong Kong Museum of History
Dieses Museum gilt als eines der besten in Hong Kong und tatsächlich ist es ganz gut. Prinzipiell kann man hier einen ganzen Tag verbringen, wenn man denn Lust dazu hat. Ich habe eigentlich nie länger als eine Stunde Lust auf ein Museum, aber für diese Zeit war es gut. Das Museum erzählt die Geschichte Hong Kongs, aber wirklich vom Urschleim (= ein paar Millionen (!) Jahre zurück). Mich interessierten eher die letzten 50, doch das wird nicht so ausführlich behandelt.
Tsim Sha Tsui
Im Süden Kowloons liegt die Gegend Tsim Sha Tsui. Dort gibt’s den Hafen und den fabelhaften Blick auf die Hong Kong Skyline. Außerdem reiht sich hier ein Shopping Center ans nächste. Der Süden von Kowloon unterscheidet sich damit kaum von Hong Kong Island.
Nathan Road
Die Nathan Road ist mein Lieblingsort in Kowloon. Es ist nicht so sehr ein Ort, sondern eine lange Straße. Von „meiner“ Wohnung aus ist es etwa ein Kilometer bis zum Anfang (oder Ende) der Nathan Road und von dort aus kann man dann locker 2 km die Straße entlanglaufen oder auch mal in Seitenstraßen ausweichen. In der Nathan Road ist eine Menge los, ganz Kowloon scheint hier auf den Beinen zu sein. Am Abend ist alles bunt und chaotisch beleuchtet, es gibt Tausende Restaurants und kleine Läden (aber auch große) und auch ein Kino oder zwei. Hier macht’s mir einfach Spaß, entlangzuschlendern.
Als ich mich zum ersten Mal mit Hong Kong beschäftigt hatte und feststellen musste, dass ich vermutlich in Kowloon bleiben würde (weil Hong Kong Island noch teurer ist), war ich erst etwas enttäuscht, aber ich wusste natürlich nichts über Kowloon. Jetzt bin ich ganz froh darüber, weil es eine wirklich schöne Gegend ist und nicht mal weit bis Hong Kong Island (3-4 Stationen mit der Metro – je nachdem welche Linie man nimmt).
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