Dieser Beitrag enthält Affiliate-Links, das heißt ich erhalte eine Provision, wenn du sie klickst und Produkte bestellst, eine Unterkunft buchst o.ä.
In der vergangenen Woche hatte ich das Vergnügen, die Insel Mallorca von ihrer besten Seite kennenzulernen. Zusammen mit einem Freund lief ich 130 Kilometer durchs Tramuntana-Gebirge von Port d’Andratx bis nach Pollença. An den Abenden kehrten wir in wunderschönen Ortschaften ein, in denen Tourismus zwar kein Fremdwort, aber der Ballermann ganz weit weg ist. Mehrmals hielt ich inne und staunte darüber, wie unterschiedlich die Regionen dieser Insel sein können.
Die Serra de Tramuntana erstreckt sich vom Westen Mallorcas in den Nordwesten. Der Gebirgszug gehört als Kulturlandschaft zum Unesco Welterbe. Er besteht zu großen Teilen aus felsiger Landschaft mit ursprünglicher Vegetation. An vielen Stellen grasen Bergziegen und Schafe, Menschen sieht man nur wenige. Der Puig Major ist mit 1.445 Metern der höchste Berg und insgesamt 54 Gipfel der Serra de Tramuntana liegen mehr als 1.000 Meter hoch. Das zeigt wie zerklüftet das Gebirge ist.
Durch die Gebirgskette zieht sich La Ruta de Pedra en Sec, der Trockenmauerweg. Die offizielle Bezeichnung dieses Wanderwegs lautet GR221. Nach unterschiedlichen Angaben ist er zwischen 120 und 150 Kilometer lang – je nachdem, wie man ihn geht. Wir haben 130 Kilometer zurückgelegt, die sich auf acht Etappen verteilten. Eine durchschnittliche Länge von 16 Kilometern pro Etappe klingt für mich als Flachlandwanderer nach nicht viel, aber auf dem GR221 sind diese Distanzen nicht ohne.
Der Weg gilt als anspruchsvoll, denn auch wenn es bei unserer Wanderung nie wirklich hoch hinaus ging, dürften wir auf der gesamten Strecke etwa 6.500 Höhenmeter nach oben und wieder nach unten gelaufen sein. Jede Etappe erfordert Trittsicherheit und teils auch Schwindelfreiheit. Man sollte folglich einigermaßen fit sein, um den Trockenmauerweg zu gehen, allerdings muss man den Anspruch nicht überbewerten. Zu meinem Erstaunen gehörte ich mit 35 Jahren noch zu den jüngeren Wandergesellen. Die Mehrheit der Wanderer auf dem Weg dürfte Mitte 40 bis Ende 50 gewesen sein, aber wahrscheinlich war der GR221 für niemanden die erste Weitwanderung.
Allzu viele Menschen trafen wir ohnehin nicht auf dem Weg. Während mancher Etappen sahen wir Tageswanderer, die einen kleinen Rundweg gingen oder am Ende der Etappe mit dem Bus zurückfuhren. Einmal stießen wir auf eine Reisegruppe, die nur für zwei oder drei Tage den gleichen Weg lief und erst nach sechs Tagen trafen wir an einem Nadelöhr auf mehrere Fernwanderer. Es war die einzige Etappe, die in keinem Ort endete, sondern an einer Hütte mitten in den Bergen. Etwa 40 Wanderer übernachteten dort. Da es in der Gegend keine anderen Unterkünfte gibt, mussten alle GR221-Wanderer, die nicht zelten wollten, die Nacht in diesem sogenannten Refugi verbringen. Selbst von denen gingen nicht alle den kompletten Weg. Daraus schloss ich, dass wohl nur sehr wenige Wanderer die 130 Kilometer von Port d’Andratx bis nach Pollença laufen.
Vorbereitung auf die Mallorca-Wanderung
Die beste Reisezeit: Wir haben die Wanderung schon Anfang des Jahres geplant und den April als Reisemonat auserkoren. Das Frühjahr von März bis Mai sowie der Herbst von September bis November gelten als die besten Monate, um den GR221 zu gehen. Im Sommer dürfte es zu heiß sein und im Winter wird’s auch auf Mallorca oftmals nass und kalt, in höheren Lagen kann es sogar schneien.
Ende April erlebten wir ein angenehmes Klima mit Temperaturen zwischen 15 und 25 Grad sowie mal bedecktem und mal strahlend blauem Himmel. Es regnete nur an einem Morgen, doch da bereits absehbar war, dass es bald aufhören würde, konnten wir den Regen aussitzen.
Die meiste Zeit liefen wir in T-Shirt und kurzer Hose. Allerdings gab es auch einen Tag, an dem wir trotz Anstrengung und Pullover noch etwas fröstelten. Bei Instagram sah ich zudem ein Foto aus dem März, auf dem Wanderer während einer Etappe im Nebel froren. Folglich muss man im Tramuntana-Gebirge im Frühjahr (und sicherlich auch im Herbst) sowohl auf hohe Temperaturen mit Sonnenschein als auch auf Kälte und Nässe vorbereitet sein.
Packen für den GR221: Fürs Packen sind die Temperaturunterschiede eher ungünstig, da man warme Kleidung dabei haben muss, die man womöglich nicht braucht, aber so ist das eben. Außerdem empfinde ich hohe Wanderschuhe als ein Muss für diesen Weg. Ich trug diese Schuhe von Hanwag, die ich erst Anfang des Jahres für einen anderen Zweck gekauft hatte. Zwar waren meine Füße immer kuschlig warm (und verschwitzt), aber aufgrund der Beschaffenheit des Weges war ich heilfroh, diese stabilen Schuhe dabei zu haben. Auch Trekkingstöcke sind auf dem GR221 sehr nützlich. Da man allerdings nicht sicher sein kann, diese im Handgepäck durch die Sicherheitskontrolle am Flughafen zu bekommen, kauften wir zwei günstige Exemplare bei Decathlon in Palma de Mallorca.
Abgesehen von funktionaler Kleidung, guten Schuhen und ggf. Wanderstöcken sollte man leicht packen. Fast jede Etappe beginnt und endet in einem Ort, in dem man sich mit Dingen des täglichen Bedarfs versorgen kann. Hier findest du eine ausführliche Packliste für meine GR221-Weitwanderung.
Wanderkarten/GPS: Die meisten Wanderer orientierten sich auf dem Trockenmauerweg mithilfe eines GR221-Reiseführers oder einer Wanderkarte fürs Tramuntana-Gebirge. Ich war erstaunt darüber, dass Karten und Reiseführer immer noch so beliebt sind. Möglicherweise liegt es an der Generation, die dort überwiegend wandert oder an dem Wunsch, möglichst puristisch zu wandern. Ich selbst orientiere mich lieber am Smartphone. In meiner Lieblings-Reise-App Maps.me habe ich vor der Reise kostenlos die Karte von Mallorca heruntergeladen und unsere Unterkünfte sowie Bushaltestellen für die An- und Abreise markiert. Auf anderen Websites fand ich die GPS-Tracks der kompletten Wanderung und konnte sie in die App laden. Ich lud mir gleich mehrere Varianten herunter:
- Download bei Wandermap.net: Das ist der aus meiner Sicht beste Track. Wir sind den Weg fast genauso gelaufen. Das KML-Format eignet sich perfekt für die Maps.me-App.
- Download bei Serratramuntana.de: Auch hier gibt es eine KML-Datei. Die Route enthält einige Varianten und Abstecher in andere Richtungen. Das kann nützlich sein, wirkt aber in der App unübersichtlich.
- Download bei Alpenquerung.info: Ursprünglich orientierten wir uns am stärksten an dieser Website. Die Karte gibt’s dort im GPX-Format, das man bei MyGeodata Cloud ins KML-Format umwandeln kann.
Diese GPS-Tracks waren für uns sehr nützlich, da der GR221 auf den ersten Etappen kaum ausgeschildert ist. Zwischen Port d’Andratx und Deià findet man nicht mehr als rote und gelbe Punkte auf Steinen sowie Steinmännchen, die jedoch an manchen Stellen irritierend wirken. Ein paar Mal haben wir uns ein Stück verlaufen, wenn wir eine Weile nicht aufs Smartphone geschaut hatten. Erst später ist der Weg zuverlässig mit Schildern und Holzpollern ausgewiesen.
Ein Grund für die schlechte Ausschilderung ist, dass sich der größte Teil des Tramuntana-Gebirges in Privatbesitz befindet. Deshalb wurde der Weg in den letzten Jahren an einigen Stellen verändert. Wir lasen im Internet von versperrten Wegen, die nicht überquert werden durften. Auf solche stießen wir jetzt nicht mehr. Für Wanderer scheint es nun immer einen Durchgang oder einen überschaubaren Umweg zu geben.
Unterkünfte: Manche Wanderer übernachten im Zelt (einen Erfahrungsbericht findest du hier), doch für uns kam das nicht infrage. Wir wollten in richtigen Betten schlafen und nach Möglichkeit in ordentlichen Hotels wohnen. Ein Teil des Reizes an einer Weitwanderung liegt für mich darin, am Nachmittag in einem schönen Ort anzukommen, dort einen Kaffee zu trinken und die Beine lang zu machen, bevor ich in einem Restaurant ein gutes Abendessen genieße. Ich bin in dieser Hinsicht ein Luxus-Wanderer. Auf Mallorca ist das problemlos möglich. Fast jeden Tag liefen wir in ein weiteres Städtchen oder in ein Dorf ein, in dem wir es uns gut gehen ließen. Unsere Unterkünfte verlinke ich weiter unten bei der jeweiligen Etappe.
Eine für Wanderer typische Alternative zum Hotel sind Hütten, die auf Mallorca als Refugis bezeichnet werden. Sie werden von der Inselregierung betrieben und bieten einen erstaunlich hohen Standard. Anfangs hätte ich einfache Hütten mit der nötigsten Ausstattung erwartet, doch sie sind eher mit besseren Jugendherbergen zu vergleichen. In den bewirtschafteten Refugis gibt es Strom, warmes Wasser, WLAN und Vollverpflegung. Wir blieben eine Nacht im Refugi Tossal Verds, weil die Etappe mitten in den Bergen endete und es keine Alternative gab. Eine ausführliche Beschreibung findest du unten zur sechsten Etappe.
Ein Bett im Refugi muss vorab im Internet gebucht werden und wer in der Wanderhochsaison verreist, sollte dies ein paar Wochen im Voraus tun. Kurzfristige Anfragen per Telefon sind zwar möglich, garantieren aber keine Übernachtung. Die Unterkunft im Voraus reservieren zu müssen, bedeutet automatisch, dass man bei der Wanderung unflexibel ist. Man kann nicht einfach länger bleiben, weil es so schön ist oder einen verregneten Tag aussitzen. Wir hatten unsere Hotels, Pensionen und das Refugi zwei Monate vor Antritt der Reise gebucht. Allerdings trafen wir unterwegs eine Wandererin, die nur von Tag zu Tag dachte und damit gut gefahren ist, auch wenn sie sich abends oftmals durch einen Ort fragen musste. Es kann gut gehen, muss aber nicht.
Zwischen Port d’Andratx und Deià soll es lange Zeit keine Refugis gegeben haben, doch auf der offiziellen Website werden nun auch zwei Refugis nahe Estellencs und Esporles genannt. Somit könnte es möglich sein, ab der zweiten Etappe durchgehend in Refugis zu schlafen. Eine Übersicht findest du auf der offiziellen Website.
Verpflegung/Wasser: In zwei Unterkünften kauften wir ein Lunch-Paket, einmal kamen wir zur Mittagszeit durch einen großen Ort und aßen im Restaurant und an allen anderen Tagen kauften wir morgens Baguettes o. ä. im Minimarkt oder beim örtlichen Bäcker. Außerdem hatten wir Vorräte an Energieriegeln, Nüssen und Trockenfrüchten bei uns.
Unsere Wasservorräte füllten wir morgens auf. Einige Male kauften wir einen 5-Liter-Kanister und teilten diesen unter uns beiden auf. Das genügte an den meisten Tagen. An sehr heißen Tagen kann es auf einer langen Etappe allerdings zu wenig sein. Während des Tages gelangt man auf dem GR221 nur selten an Trinkwasser. Es gibt unterwegs natürliche Quellen und Flüsse, doch verlassen würde ich mich auf diese nicht, denn oftmals sind sie ausgetrocknet. Im April sahen wir kaum irgendwo fließendes Wasser. Deshalb solltest du immer genügend Wasser dabei haben. Bei 25 Grad im Schatten und langen Aufstiegen dürfen es auch gern mehr als drei Liter sein.
Der Trockenmauerweg GR221 in acht Etappen
Wir gingen den Weg in acht Tagen. Die Strecke ließe sich an zwei Stellen um um jeweils einen Tag erweitern, wenn man kürzere Etappen laufen möchte. Spielraum für Abkürzungen sehe ich allerdings nicht, es sei denn man steigt später ein oder früher aus. Das wäre überall möglich, da man jeden Tag Orte erreicht, in denen Busse fahren.
1. Etappe: Port d’Andratx – Sant Elm
Distanz: 7,6 Kilometer, Aufstieg: ca. 350 Meter
Wir begannen den Tag in Palma de Mallorca, nachdem wir am Vorabend auf der Insel gelandet waren und eine Nacht in der Stadt verbracht hatten. Nach dem Frühstück in der Panaderia S’Estació schlenderten wir zu Decathlon, um dort Trekkingstöcke für die Wanderung zu kaufen. Die Stöcke für 16 Euro waren nicht von der besten Qualität, brachten uns aber über die volle Distanz. Anschließend liefen wir hinunter zum Hafen und warteten dort auf den Bus Nr. 102, der stündlich von Palma nach Port d’Andratx fährt (5,55 Euro pro Ticket). Der Bus war gut gefüllt mit Einheimischen sowie Touristen und brauchte für die Strecke etwa 75 Minuten, da er mehrfach die Hauptstraße verließ, um in die Ortschaften einzufahren.
In Port d’Andratx deckten wir uns im örtlichen Supermarkt mit Snacks für den Tag ein und begannen gegen 13 Uhr die kurze erste Etappe. Kaum hatten wir die befestigte Straße verlassen, stiegen wir auf steilen Schotterwegen den ersten Berg hinauf. Obwohl die Sonne hinter einem Wolkenschleier verborgen blieb, war es heiß an diesem Tag. Schon nach wenigen Minuten schwitzten wir aus allen Poren.
Nach gut einer Stunde waren wir auf dem Gipfel angekommen und genossen bei einer Mittagspause den herrlichen Ausblick. Kurz darauf konnten wir schon auf die Bucht von Sant Elm hinunterschauen. Der Weg auf der ersten Etappe ist nicht ausgeschildert. Wir navigierten mithilfe unserer Smartphones sowie der aufgeschichteten Steinmännchen.
In Sant Elm checkten wir ins Hotel ein und erkundeten anschließend den kleinen Ort, der mit ein paar Läden, Cafés und Restaurants aufwartete sowie einen schönen Ausblick aufs Meer bot. Das Dorf wirkte weitgehend leer, wir begegneten nur wenigen Touristen.
Unsere Unterkunft: Für die Nacht hatte ich das 3-Sterne-Hotel Universal Aquamarin gebucht. Leider bekamen wir kein Zimmer mit Meerblick. Die Aussicht wäre bestimmt wunderbar gewesen, da das Hotel direkt am Wasser liegt. Die Einrichtung der Zimmer sowie der Service spiegeln die drei Sterne wider, aber der Höhepunkt dieser Unterkunft war das Essen. Da das Abendessen nur einen Aufpreis von 7 Euro pro Person bedeutete, hatte ich über Booking.com Halbpension gebucht und damit voll ins Schwarze getroffen. Es gab ein riesiges Salat-Buffet, eine große Auswahl an warmen Speisen (auch vegetarisch), leckeres Dessert, Obst sowie eine Käseplatte. Am Ende des Abends waren wir pappsatt. Das Frühstücksbuffet war auch eines der besten, die ich je erlebt habe. Zu zweit bezahlten wir nur 78 Euro mit Halbpension. Das Lunch-Paket für 9 Euro pro Person war gemessen am Abendessen und Frühstück hingegen etwas enttäuschend.
2. Etappe: Sant Elm – Estellencs
Distanz: 23 Kilometer, Aufstieg: ca. 1.200 Meter
Nach einem ausgiebigen Frühstück verließen wir das Hotel um 09:15 Uhr, kauften einen Wasserkanister im Minimarkt und liefen los. Ein schwerer Tag lag vor uns. Ich hatte bereits im Internet gelesen, dass viele Wanderer diese Etappe als eine der schwersten einstufen und manche sich wünschten, diese Strecke auf zwei Tage teilen zu können.
Die Wanderung begann gleich mit einem Aufstieg und einem wunderbaren Ausblick auf Sa Dragonera – die vorgelagerte Dracheninsel. Bereits nach kurzer Zeit waren wir schon wieder verschwitzt, doch nach dem ersten Kraftakt ging es für eine Weile ohne zusätzliche Höhenmeter weiter. Nach gut 12 Kilometern liefen wir ein kurzes Stück auf der Straße Ma–10 entlang und sahen den nächsten großen Anstieg. Es war offensichtlich, dass das anstrengendste Stück noch vor uns liegen würde.
Kaum verließen wir die Straße, führte uns der Weg über das Gelände einer allein stehenden Finca, die erst Ende 2014 zu einem Gästehaus ausgebaut worden ist. Heute ist das die einzige Möglichkeit, diese lange Etappe in zwei Tage aufzuteilen. Zwar können die vier Doppelzimmer nur für drei Tage oder mehr gemietet werden und eignen sich somit nicht für Wanderer. Aber die Betreiber haben einen zusätzlichen Schlafsaal mit 12 Betten zu einem privaten Refugio ausgebaut. Für 22 Euro pro Nacht kann man eines dieser Betten mieten. Eine Reservierung wird dringend empfohlen. Die Inhaber schreiben auf ihrer Facebook-Seite:
„Wer auf dem GR221 wandern möchte und eine Übernachtung bei uns plant, sollte ganz dringend vorab reservieren. Es vergeht momentan kaum ein Tag, an dem nicht reihenweise “Spontangäste” anklopfen, die wir leider nicht alle aufnehmen können. Da helfen auch weder Tränen noch Wutausbrüche! Wenn voll ist, ist voll.“
Mehr Informationen zur Finca Ses Fontanelles findest du hier. Übrigens kannst du dort auch Trinkwasser kaufen!
Wir blieben hier allerdings nicht, zumal wir von dieser Finca nichts wussten, sondern nahmen den nächsten Aufstieg in Angriff. Für die kommenden 10 Kilometer sahen wir keine anderen Menschen und ich dachte, wir wären die einzigen, die den GR221 laufen. Die 700 Höhenmeter schienen für eine Weile kein Ende zu nehmen. Je höher wir kamen, desto unwegsamer wurde die Strecke. Erschwerend kam hinzu, dass wir uns weit oben zweimal verliefen, da der Weg als solcher nicht mehr zu erkennen und kaum ausgeschildert war. Wenn wir nicht gerade aufs Smartphone schauten, konnten wir uns lediglich an Steinmännchen orientieren, die mancherorts in allen Richtungen zu stehen schienen und uns damit mehr irritierten als halfen.
Als wir endlich den Gipfel erreicht hatten, waren wir schon erschöpft, aber auch froh es geschafft zu haben. Der Abstieg war einfacher, auch weil der Weg besser war. Die letzten zwei Kilometer führten fast nur noch an einer Straße entlang. Das war zwar nicht schön, aber immerhin kamen wir voran. Achtung: Das GR221-Schild nach Estellencs zeigte im April 2018 in die falsche Richtung (was wir zum Glück nach etwa 200 Metern merkten).
Nach 23 Kilometern kamen wir im Hotel an und legten die Füße hoch. Ich hatte mir an diesem Tag mehrere Blasen gelaufen, die mich noch eine Weile begleiten sollten. Zum Abend erkundeten wir den kleinen Ort, der mit engen Gassen, schönen Steinhäusern sowie ein paar Cafés und Restaurants aufwartete. Wir entschieden uns für das etwas versteckt gelegene Restaurant Sa Tanca, aßen dort Lasagne, Pasta und Brot mit Oliven und tranken Bier.
Unsere Unterkunft: In Estellencs gibt es nur eine Handvoll Hotels und wir entschieden uns für das günstigste verfügbare Zimmer im Hotel Maristel. Leider kostete dieses einschließlich Frühstück bereits 107 Euro. Es gibt Zimmer mit schönem Ausblick, doch wir hatten leider keines davon. Das Frühstücksbuffet war jedoch sehr gut. Geschlafen habe ich schlecht, doch das lag nicht am Hotel, sondern an meinen erschöpften Beinen nach der harten Strecke.
Alternative Unterkunft: Refugi Coma d’en Vidal – allerdings habe ich noch nicht verstanden, wo genau es sich befindet.
3. Etappe: Estellencs – Esporles
Distanz: 14 Kilometer, Aufstieg: ca. 800 Meter
Am nächsten Morgen frühstückten wir pünktlich um 07:30 Uhr, packten unsere Rucksäcke, kauften Wasser im Dorfladen, der um halb neun öffnete, und traten die nächste Etappe an. Meine Blasen hatte ich am Vorabend bereits mit Pflastern versorgt und immerhin lagen nur 14 Kilometer vor uns.
Es würde ein vergleichsweise leichter Tag werden, der zusätzlich dadurch verbessert wurde, dass auf halber Strecke der Ort Banyalbufar lag, in dem wir bei Kaffee und Croissant pausieren konnten. Bis dahin hatten wir nur seichte Steigungen zu überwinden und konnten überwiegend auf einem flachen Waldweg im Schatten laufen. An einer Stelle passierten wir ein Privatgrundstück, das einmal gesperrt gewesen sein soll, jetzt aber für Wanderer freigegeben ist.
Auch die Ausschilderung nach Banyalbufar war nun besser als am Tag zuvor. Nach etwa einer Stunde und 40 Minuten hatten wir die ersten sieben Kilometer bereits hinter uns gelassen und kehrten im Hostal Sa Baronia ein, dessen große Terrasse mit Meerblick wir schon von Weitem gesehen hatten.
Nach einer ausgiebigen Pause liefen wir weiter in Richtung Esporles, das in einem Tal der Serra de Tramuntana liegt. An die Strecke kann ich mich nicht mehr erinnern und Notizen hatte ich mir auch keine gemacht. In meinen Erinnerungen ist es nur der Tag nach der schweren zweiten Etappe.
Wir erreichten unser Tagesziel schon zur Mittagszeit, checkten in die Unterkunft ein und aßen eine große Pizza bei Sa Bodega d‘en Rino. Esporles ist ein nettes kleines Städtchen, in dem mehr Einwohner als Touristen in den Restaurants sitzen, eine Durchlaufstation für Wanderer und Radfahrer. Am Nachmittag tranken wir noch einen Kaffee bei Es Passeig und in der Apotheke füllte ich meine Vorräte an Blasenpflastern auf. Am Abend aßen wir unsere erste und einzige Paella dieser Reise, kauften im Supermarkt ein und gingen zeitig ins Bett.
Unsere Unterkunft: Viele Hotels gibt es in Esporles nicht. Ich hatte ein Zimmer bei S’Hostal d’Esporles gebucht, einem der ältesten Hostels Mallorcas. Es liegt in einer Seitenstraße, direkt gegenüber der Kirche. Fußläufig gelangt man zu allen Restaurants und Cafés der Stadt. Da bei unserem Aufenthalt eine große Reisegruppe in dem Hostal übernachtete, mussten wir das letzte verfügbare Zimmer nehmen, das im Keller liegt und bei normalem Betrieb wohl nicht vermietet wird. Daher ist unsere Erfahrung womöglich nicht repräsentativ. Das Zimmer war geräumig und wir hatten alles, was wir brauchten, aber es hatte diesen typischen Keller-Mief und ein richtiges Fenster gab es nicht. Die anderen Zimmer sehen auf den Fotos des Hotels besser aus.
Die Lobby des Hostels ist gleichzeitig der Frühstücksraum und das Restaurant. Auf den Fotos bei Booking.com sieht dieser Raum weitaus glamouröser aus, als er in Wirklichkeit ist. Ich würde die Einrichtung und auch das Frühstück als pragmatisch beschreiben. Beides erfüllt seinen Zweck, mehr aber auch nicht. Einladender sind schon die Terrasse und der kleine Garten, in den man sich setzen kann. Für ein Doppelzimmer mit Frühstück zahlten wir 70 Euro. Das ist fair.
Alternative Unterkunft: In dem Ort gibt es noch ein weiteres Hostel (Sa Fita Backpackers), das Refugi Son Tries sowie ein Agroturismo (Son Galcerán) etwas außerhalb gelegen.
4. Etappe: Esporles – Valldemossa
Distanz: 9,5 Kilometer, Aufstieg: ca. 700 Meter
Die meisten Wanderer gehen auf der vierten Etappe 22 Kilometer bis nach Deià, vermutlich weil dort das nächste Refugi steht, und anschließend 10 Kilometer bis Port d’Sóller. Da wir lieber in einem Hotel übernachten wollten, ich in Deià aber keines in unserer Preiskategorie fand, änderten wir die Aufteilung der vierten und fünften Etappe. Statt bis Deià liefen wir nur 10 Kilometer bis nach Valldemossa und dafür am fünften Tag mehr als 20 Kilometer bis Port d’Sóller. In Deià würden wir dann lediglich eine Mittagspause einlegen. Ein Nachteil unserer Variante ist, dass wir zwei kurze Etappen hintereinander hatten, auf die zwei lange Tage folgen würden.
Ein Tipp für Wanderer, die gern kürzere Etappen laufen: An dieser Stelle ist es auch möglich, aus zwei Etappen drei zu machen. Esporles – Valldemossa, Valldemossa – Deià, Deià – Port d’Sóller. Das wären jeweils ungefähr 10 Kilometer.
Wir brachen in Esporles gleich nach dem Frühstück auf, denn auch wenn wir bis Valldemossa nur 9,5 Kilometer zu gehen hatten, so würden diese recht beschwerlich sein. Für die kurze Strecke brauchten wir dreieinhalb Stunden, da der Weg schwer zu begehen war und teilweise eher Bergsteigen als Wandern glich. Der GR221 ist in diesem Abschnitt zudem schlecht ausgeschildert, sodass wir mal wieder nach Steinmännchen, roten Punkten und dem GPS auf dem Smartphone navigierten. Die Aussichtspunkte an diesem Tag konnten sich jedoch sehen lassen. Vor allem der Blick auf Valldemossa vor dem letzten Abstieg war sehr schön.
Wir erreichten unser Ziel zur Mittagszeit, bezogen die Unterkunft und aßen in einem kleinen Tapas-Laden namens S’estret. Die Tapas-Auswahl ist dort etwas unkonventionell, aber sehr lecker und preiswert. Wir wählten Kartoffeln in Aioli, Couscous mit Gemüse, Algen mit Pasta und Mandeln, Yucca-Chips mit Hummus und spanisches Omelette. Später tranken wir einen Kaffee im ruhigen Hinterhof der Pastelleria Ca‘n Molinas, wo man abseits der Touristenströme gemütlich sitzen kann.
Unsere Unterkunft: In Valldemossa hatten wir eine kleine Pension namens Can Home Rectoria gebucht, die einzige Unterkunft in unserer Preiskategorie (zurzeit nicht mehr bei Booking.com gelistet). Das Gebäude liegt 300 Meter vom Zentrum entfernt in einer kleinen Gasse, die schön bepflanzt ist. Tagsüber flanieren einige Touristen hindurch, doch am Abend wird es ruhig. Vor der Ankunft erhielten wir per SMS Anweisungen, um den Schlüssel selbst aus einem Schlüsselkasten entnehmen zu können. Unser Zimmer enthielt zwei Betten, war funktional eingerichtet und hatte ein großes Bad. Die Betreiber stellten für den nächsten Morgen ein kleines Frühstück zur Verfügung, das jedoch unbrauchbar war, um sich für eine Wanderung zu stärken. Es bestand aus Zwieback, Marmelade, abgepacktem Kuchen, Milch, Tee und Kaffee. Für die Nacht zahlten wir 81 Euro.
Alternative Unterkunft: In Deià das Refugi Can Boi.
5. Etappe: Valldemossa – Port d’Sóller
Distanz: 24 Kilometer, Aufstieg: ca. 800 Meter
Nach dem kleinen Frühstück verließen wir unsere Unterkunft schon gegen 8 Uhr morgens, schließlich hatten wir eine der längsten Tage vor uns, weil wir die Aufteilung der Etappen geändert hatten. Kurz nachdem wir von befestigten Straßen auf den Waldweg wechselten, stießen wir auf ein kleines Häuschen, das man nur nach vorheriger Anmeldung und unter Entrichtung eines Wegezolls passieren dürfte. Den in den GPS-Tracks eingezeichneten Weg konnten wir somit nicht gehen, allerdings zweigt vor dem Häuschen nach rechts ein weiterer Weg nach Deià ab, der keinerlei Beschränkungen unterliegt.
Von diesem Abzweig an sollten wir in der nächsten Stunde größtenteils bergauf gehen. Wir hatten eine Höhe von 500 Metern zu überwinden, bis wir auf einer großen Ebene ankamen, die uns einen Ausblick auf Deià, Sóller und Palma de Mallorca bot. Oben angekommen waren wir schon ordentlich durchgeschwitzt, hatten aber gerade einmal viereinhalb Kilometer zurückgelegt. Unter einer schattigen Baumreihe legten wir die erste Pause des Tages ein.
Danach folgte der unangenehme Teil, denn wir mussten etwa 900 Meter bergab steigen. Der Weg war steil und steinig. Spaß machte es nicht, aber wer hoch geht, muss auch wieder runter.
Kurz vor 12 Uhr erreichten wir Deià und nahmen auf der Terrasse des Restaurants Sa Font Fresca Platz. Wir tranken ein großes Glas Radler, aßen ein warmes Baguette mit Omelette und stärkten uns mit einer Tasse Kaffee. Mehr als eine Stunde ruhten wir uns dort für den zweiten Teil des Tages aus.
Es gibt zwei Optionen, um nach Port d’Sóller zu gelangen: Man kann den historischen Weg oberhalb der Küste gehen und von dort schöne Panoramablicke genießen oder man geht den Piratenweg direkt an der Küste entlang. Wir entschieden uns für die zweite Variante. Ich vermute, es war die schönere Wahl, aber auch die wesentlich anstrengendere. Der Ausblick auf die Buchten mit klarem, türkisfarbenem Wasser war herrlich. Hier und da lagen ein paar Menschen am Wasser, überwiegend Einheimische. Wir hätten keine Probleme gehabt, einen großen Küstenabschnitt für uns allein zu finden.
Die Strecke allerdings hatte es in sich. Zwar mussten wir keine großen Höhen mehr überwinden, doch der Weg war schlecht zu gehen. Oftmals mussten wir auf Leitern Zäune übersteigen, unter umgefallene Bäume durchkriechen, steile Hänge auf- und absteigen, durch enges Buschwerk gehen. Das war schon Abenteuerwandern! Da wir so kaum vorankamen und zunehmend erschöpft waren, empfanden wir es teilweise als frustrierend. Doch zum Schluss, als wir gerade das örtliche Refugi am Leuchtturm passiert hatten, belohnten wir uns mit einem tollen Ausblick auf die Bucht von Port d’Sóller. Da wir abermals nicht im Refugi übernachteten, sondern in einem Hotel, hatten wir noch weitere zwei Kilometer vor uns, bis wir den Hafen erreichten.
Der Abend in Port d’Sóller war dann sehr schön. Zunächst brachten wir unsere dreckige Wäsche in einen Self-Service-Waschsalon in der Carrer de Jaume Torrens und tranken derweil in der Nähe einen Kaffee. Später kauften wir eine leckere Pizza to Go bei La Quarteta und aßen diese am Strand.
Unsere Unterkunft: Wir bewohnten ein schönes Zimmer im Hotel Mirarmar. Wir hatten einen Balkon (leider nicht in Richtung Hafen), bequeme Betten und gutes WLAN. Das Frühstücksbuffet war nicht überragend, aber gut genug und es machte uns satt. Das Hotel ist bei Booking.com mit 7,5 bewertet. Das kommt in etwa hin: Es ist nicht schlecht, aber auch nicht richtig gut. Wir zahlten 96 Euro für eine Nacht mit Frühstück – für Port d’Sóller ist das in Ordnung.
Alternative Unterkunft: Refugi Muleta, diverse Hotels in Port d’Sóller oder Unterkünfte in Sóller.
6. Etappe: Port d’Sóller – Refugi Tossal Verds
Distanz: 20 Kilometer, Aufstieg: ca. 1.200 Meter
Die sechste Etappe zählt zu den längsten und schwersten auf dem GR221. Deshalb brachen wir zeitig nach dem Frühstück auf und folgten dem offiziellen Wanderweg nach Sóller. Bis in die Stadt brauchten wir etwa 75 Minuten. Wer die lange Etappe etwas abkürzen will, kann den Weg bis nach Sóller mit der Straßenbahn fahren oder gleich in der Stadt übernachten. Wir deckten uns dort im Supermarkt mit Wasser, Baguettes, Nüssen und Müsliriegeln ein, denn bis zum Abend würden wir keine weitere Verpflegung bekommen.
Nach einer letzten Tasse Kaffee verließen wir Sóller und liefen fast unmerklich in den kleinen Vorort Biniaraix ein. Dort beginnt ein langer Aufstieg auf gepflasterten Treppen. Vielen Wanderern bereiten die Treppenstufen wohl Sorgen, doch mir gefiel diese Art des Aufstiegs, denn im Gegensatz zu vielen anderen Etappen, fand ich hier einen Rhythmus. Ich konnte einfach laufen, ohne auf jeden Schritt zu achten. Je höher wir kamen, desto besser wurde der Ausblick auf die mit Olivenbäumen bepflanzten Terrassen.
Auf dem Plateau angekommen, legten wir eine erste Pause ein und sahen von Weitem schon den Cúber-Stausee, der unser nächstes Ziel sein sollte. Gegen 13:30 Uhr erreichten wir den See, suchten uns ein schattiges Plätzchen am Wasser und streckten die Beine aus. Eine gute Stunde blieben wir dort liegen, genossen den Ausblick, vertilgten unsere Verpflegung und schlossen die Augen für einige Minuten. Als etwas Wind aufkam, wurde es jedoch trotz warmer Kleidung frisch. Also packten wir alles zusammen und liefen weiter.
Bald erreichten wir einen Parkplatz, von dem aus Tagestouristen ihre Wanderungen starten. Kurz danach teilt sich der GR221. Wir entschieden uns für den Pfad, der steil den nächsten Berg hinauf führte (der andere führte drum herum) und stiegen ihn in der harten Nachmittagssonne hinauf. Nach etwa 20 Minuten erreichten wir den Gipfel. Von dort ging es für die nächsten zwei Stunden fast nur noch bergab.
Wir stiegen immer tiefer in eine beeindruckende Schlucht hinein. Ich empfand diesen Abstieg als unangenehm, da der Weg über Stock und Stein führte und wir auf jeden Schritt achten mussten. An einer Stelle kletterten wir ein kurzes Stück entlang einer eisernen Kette. Dieser Abschnitt war nicht schwer zu bewältigen, aber für mich mit Höhenangst schon unangenehm. Wer dieses Stück vermeiden will, wählt am Parkplatz lieber den anderen Weg.
Die letzte Stunde der Etappe zog sich in die Länge. Wir kamen nur langsam voran und die Nachmittagssonne brannte im Nacken. Bald sahen wir das Refugi von Weitem, was uns wieder Auftrieb gab. Da wir unterwegs die meisten Wanderer überholt hatten, kamen wir gegen 17 Uhr in der Unterkunft fast als erste an. Wir nutzten die Ruhe vor dem Ansturm, um uns unter die Dusche zu stellen, unsere Betten herzurichten und die verschwitzte Kleidung in der Sonne zu trocknen, während wir zum Feierabend mit einem Bier anstießen. Erst danach legten wir eine zeitlang die Beine hoch, ehe um 20 Uhr das Abendessen aufgetragen wurde.
Unsere Unterkunft: Tossal Verds war das einzige Refugi, das wir während unserer Wanderung auf dem GR221 bewohnten, weil es keine Alternative zu dieser einsamen Hütte in den Bergen gibt. Wir waren überrascht, in welch gutem Zustand die Herberge sich befindet (sie wurde erst vor ein paar Jahren renoviert) und wie professionell sie geführt wird. Die Badezimmer waren sauber, das Wasser war heiß und das kostenfreie WLAN erstaunlich schnell. Das ist mehr, als man als Wanderer wirklich braucht, aber in etwa das, was ich mir als Luxus-Wanderer wünsche. Besonders schön ist der Außenbereich, in dem man nach der Wanderung gemütlich sitzen und den Nachmittag ausklingen lassen kann.
Insgesamt stellt die Herberge 42 Betten zur Verfügung, die fast alle belegt waren. Die meisten Gäste waren zwischen 40 und 50 Jahren alt und kamen aus Deutschland, England, Frankreich und Skandinavien. Wir bekamen zwei Betten in einem 10-Bett-Zimmer zugewiesen, das in etwa so groß war, wie mein Schlafzimmer zuhause. Unsere Mitbewohner verhielten sich sehr rücksichtsvoll, das Licht ging gegen 22 Uhr aus und niemand verbreitete Unruhe. Dass dennoch Ohropax notwendig waren, lag am Abend an den lauten Fröschen und am Morgen an den zwitschernden Vögeln. Ich schlief in dieser Nacht sehr schlecht, da die Betten für mich zu kurz waren. Für durchschnittlich große Menschen, sollte das jedoch kein Problem sein. Außerdem wurde es in dem kleinen Zimmer bei voller Belegung sehr warm, obwohl die Nacht draußen kühl gewesen sein dürfte.
Zum Abendessen gab es große Pfannen mit Kartoffeln und Hähnchenkeulen. Obwohl ich bei der Reservierung unsere vegetarische Präferenz angegeben hatte, gab es für alle das gleiche Essen. Wir suchten uns die Kartoffeln aus der Pfanne. Dazu gab es Salat, Brot und Rotwein. Wir wurden satt und das war das Wichtigste. Das gleiche galt fürs Frühstück. Beim Essen in einem großen Gemeinschaftsraum kamen wir leicht mit anderen Wanderern in Kontakt.
Grundsätzlich ist eine Übernachtung im Refugi sehr preiswert. Für zwei Betten wurden uns in Tossal Verds nur 28 Euro berechnet. Wenn da nicht die ganzen Aufpreise wären: Bettwäsche, Frühstück, Abendessen, Lunch-Paket, Getränke. Es läppert sich. Letztendlich ließen wir etwa 100 Euro in dem Refugi.
7. Etappe: Refugi Tossal Verds – LLuc
Distanz: 14 Kilometer, Aufstieg: ca. 900 Meter
Bislang hatten wir entweder Sonnenschein oder einen bedeckten Himmel genossen, doch für den siebten Tag war zum ersten Mal schlechtes Wetter vorausgesagt – zumindest für den Vormittag. Tatsächlich regnete es, als wir am Morgen aufwachten. Da das Ende laut Wetterbericht absehbar war und wir an diesem Tag nur 14 Kilometer zu gehen hatten, beschlossen wir, den Regen auszusitzen.
Alle anderen Wanderer beschlossen etwas anderes. Sie zogen wetterfeste Kleidung an, stülpten einen Regenschutz über ihre Rucksäcke und zogen ab 08:30 Uhr los. Bald waren wir die letzten Gäste im Refugi. Um uns herum wurde schon geputzt, bis es uns unangenehm wurde und wir gegen 10 Uhr aufbrachen. Da hatte es gerade aufgehört zu regnen.
In den ersten Stunden hatten wir einen Aufstieg von 700 Metern zu bewältigen, doch dieser verteilte sich auf viele Kilometer, sodass es nicht allzu anstrengend wurde. Die Wolken hingen jedoch weiterhin tief und auf dem Weg pfiff der Wind immer stärker, sodass es erstaunlich kühl wurde. Nur in Bewegung ließ es sich noch gut aushalten, aber meine Hände waren schon kalt. Für unsere Mittagspause kauerten wir uns hinter eine windgeschützte Trockensteinmauer.
Auf dieser Etappe hätten wir einen alternativen Weg über den Puig de Massanella gehen können. Es wäre nur ein kleiner Umweg gewesen und auch auf die Höhenmeter hätte sich ein Abstecher auf den höchsten begehbaren Berg Mallorcas kaum ausgewirkt. Doch aufgrund des schlechten Wetters hielten wir uns an den Originalweg.
Nach der Hälfte der Strecke hatten wir die meisten Höhenmeter überwunden. Von da an ging es fast nur noch bergab. Wie an jedem Tag, empfand ich die Abstiege als beschwerlich, da der Weg viel Trittsicherheit erforderte. Etwa 75 Minuten vor dem Ende der Etappe sahen wir von oben erstmals das Santuari de Lluc – unser Tagesziel. Am frühen Nachmittag erreichten wir Lluc und ließen uns sofort im erstbesten Café nieder, bevor wir im Santuari eincheckten.
Unsere Unterkunft: Das Santuari de Lluc gilt als spirituelles Zentrum der Insel. Es ist einem Kloster ähnlich. Dort werden auch Zimmer vermietet, die mit dem Standard eines 3-Sterne-Hotels vergleichbar sind. Dass wir die Betten selbst beziehen mussten, war der einzige Unterschied zu einem Hotel. Im Preis von 78 Euro inbegriffen war ein sehr gutes Frühstücksbuffet.
Das Gelände wird tagsüber von vielen Touristen besucht, doch am späten Nachmittag kehrt Ruhe ein. Am Abend schaute ich mir das Santuari etwas genauer an und erkundete die Gegend drum herum. Auf dem Gelände befinden sich zwei Cafés sowie ein kleines Geschäft für Dinge des täglichen Bedarfs. Das Abendessen nahmen wir im hauseigenen Restaurant Sa Fonda ein. Für 16 Euro pro Person kann man sich dort an einem sehr guten Buffet verköstigen.
Alternative Unterkunft: Refugi Son Amer
8. Etappe: Lluc – Pollença
Distanz: 18 Kilometer, Aufstieg: ca. 200 Meter
Am letzten Morgen brachen wir nach einem ausgiebigen Frühstück erst gegen 09:30 Uhr auf. Zwar mussten wir noch 18 Kilometer zurücklegen, doch es würde fast keinen Aufstieg und nur noch moderate Abstiege geben.
Nach einem Kilometer passierten wir das Refugi Son Amer, in dem manche Wanderer übernachtet hatten. Anschließend empfand ich die reguläre Strecke als unspektakulär. Es gab keine weiteren Höhepunkte und keine Ausblicke mehr. Dafür war der Weg leicht zu gehen. Es war ein richtiges Austrudeln. Wer es gern etwas schöner – aber auch anstrengender – hat, könnte auf einem alternativen Weg gehen, der hier beschrieben wird.
Da wir aufgrund des leichten Weges nur eine Pause eingelegt hatten, erreichten wir Pollença schon gegen 14 Uhr. Wir passierten das letzte Refugi (Pont Romà) des Weges, folgten der Ausschilderung ins Zentrum und fanden schnell ein Restaurant, in dem wir noch zwei Stunden warteten, bis uns der Bus zurück nach Palma bringen würde.
Wer noch nicht genug hat, könnte auf den Klosterberg Puig de Maria steigen, der über Pollença thront, und die Klosteranlage besichtigen. Dafür müsste man jedoch mindestens zwei zusätzliche Stunden einplanen. Wir nahmen stattdessen den Bus Nr. 340, der am späten Nachmittag von der Haltestelle C/ Cecili Metel 69 nach Palma fährt (5,30 Euro pro Ticket, ca. 45 Minuten Fahrt, Busfahrplan).
Unsere letzte Nacht auf Mallorca verbrachten wir im Hostel Fleming in der Nähe des Busbahnhofs. Von dort aus liefen wir ein letztes Mal in die Altstadt Palmas und ließen es uns kulinarisch gut gehen, bevor wir am nächsten Morgen den Rückflug antraten.
Abschließende Gedanken zum GR221 auf Mallorca
Der Trockenmauerweg auf Mallorca war meine dritte Fernwanderung. Sie war gleichzeitig die kürzeste (Strecke) und längste (Tage) der drei Wanderungen. An dieser Besonderheit lässt sich erahnen, dass die Strecke anspruchsvoller war als die anderen. Auch wenn wir an manchen Tagen nicht viele Kilometer zurücklegten, so waren die meisten Etappen dennoch anstrengend. Damit beziehe ich mich nicht nur auf das Höhenprofil, sondern vor allem auf die Beschaffenheit des Weges. Am liebsten wandere ich in Gedanken versunken einfach vor mich hin, doch auf dem GR221 war das nur selten möglich, denn auf steinigen Wegen musste ich auf jeden Schritt achten. Das war neu für mich.
Auf der anderen Seite hat dieser Wanderweg einige Vorzüge: Jeder Gipfel versprach einen neuen Ausblick auf die fast unberührte Natur, auf hübsche Ortschaften und auf das blaue Mittelmeer. Auf einer Insel, die eigentlich von Touristen überrannt wird, sahen wir oftmals stundenlang keine anderen Menschen. Das Klima war ideal: An vielen Tagen schien die Sonne, es war nicht zu heiß und nicht zu kalt. Garantien gibt es dafür zwar nicht, aber bei durchschnittlich fünf Regentagen im April müsste man schon viel Pech haben, öfter nass zu werden. Und auch die schönen Orte, von denen ich einige noch nicht kannte, machen diese Wanderung zu etwas Besonderem. Ich genoss es, am Nachmittag in ein Dorf einzulaufen, eine Tasse Kaffee oder ein Glas Radler zu trinken, im gemütlichen Hotel die Füße hochzulegen und am Abend gut zu essen. Das hat man wahrscheinlich bei wenigen Fernwanderungen an (fast) jedem Tag.
Auch unabhängig vom GR221 lohnt es sich, auf Mallorca zu wandern. Man muss nicht gleich acht Tage am Stück gehen, sondern kann Rundwege laufen oder sich einzelne Etappen aussuchen. Ich hatte den Eindruck, dass die meisten Wanderer auf der Strecke nur einige Etappen liefen. Die gute Infrastruktur macht’s möglich, denn überall fahren Busse. Mit diesen kann man an jedem beliebigen Ort in die Wanderung einsteigen oder am Ende des Tages einfach wieder zurückfahren.
Hallöchen,
toller Bericht und tolle Fotos.
Ich war letzten Dezember auf Mallorca wandern. Zwar nicht den ganzen Weg, aber die Tagesetappen haben den GR221 teilweise auch gekreuzt.
Einfach eine tolle Insel (wenn man den Ballermann mal außen vor lässt)
Liebe Grüße
Mel
Hallo Mel,
danke dir! Ja, eine wirklich schöne Insel, wenn man an den richtigen Orten ist :-)
Danke für deinen sehr schönen und informativen Reisebericht. Die Bilder sind sehr schön. Auch auf Menorca gibt es schöne Wanderwege. Man kann ein mal um die Insel wandern. außerdem hat man den Vorteil, dass Menorca nicht ganz so überlaufen ist.
Ein wirlich toller Bericht und klasse Fotos, wir wollen demnächst auch mal einen Erkundungstrip über Mallorca machen und wirklich vieles sehen nur den berühmten Ballermann nicht.
Vielen Dank für deine Mühe und Arbeit
Hallo Patrick,
Toller Bericht. Der hilft mir sehr bei der Vorbereitung auf meine Reise auf derselben Strecke und zur selben Jahreszeit (Ende April).
Gruß, Carl
Hallo Patrick,
Besten Dank für deinen ausführlichen Bericht, welcher für die Planung unserer GR221-Wanderung sehr hilfreich ist. Hierzu habe ich eine Frage: Wir überlegen uns die Wanderung in umgekehrter Richtung zu machen, also von Pollenca nach Port d’Andratx? Kannst du die Wanderung von Norden nach Süden auch empfehlen?
Beste Grüsse
Peter
Hallo Peter,
ich habe mich mit der Frage noch nicht intensiv auseinandergesetzt, aber ich denke, von Norden nach Süden würde es genauso gut gehen. Du müsstest dir nur mal anschauen, ob am Morgen ein Bus nach Pollença fährt.
Viele Grüße und viel Spaß beim Wandern!
Patrick
Lieber Patrick,
herzlichen Dank für Deinen schönen Bericht. Ich werde den Weg über Weihnachten/Sylvester laufen und da ich die Sache mit dem Luxuswandern ähnlich sehe wie Du, habe ich natürlich gleich versucht, Zimmer auf der Strecke zu buchen. Das war ein echtes Problem. Weder in Sant Elm noch in Estellences war etwas aufzutreiben. Saisonal bedingt sind viele Häuser geschlossen. Trotz gegenteiliger Aussagen in Wanderführern und auf Websites. Erst ab Esporles war wieder etwas zu finden. Entweder starte ich also erst in Estellences oder ich muss pendeln, was ich gar nicht mag. Freue mich dennoch sehr auf die Tage dort. Danke nochmal!
Viele Grüße
Ella
Hallo Patrick,
ich sitze gerade am Computer und buche die Hotels, um deine Tour im kommenden Frühling (April/Mai) zusammen mit meinem Mann nachzugehen. Es wird unsere erste Fernwanderung. Bisher haben wir (da wir bis dato immer mit Hund unterwegs waren) nur Tageswanderungen in den Bergen unternommen. Neue, größere Rucksäcke sind schon gekauft, Flüge sind gebucht, jetzt beginnt die Feinplanung.
Wenn du noch Tipps haben solltest, dann her damit…
Ansonsten vielen Dank für deine Vorlage ;-)
Kerstin
Hallo Kerstin, ich habe zurzeit keine weiteren Tipps, aber wünsche euch viel Spaß :-)